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04.06.2018 | Arbeitsrecht | Simon von Rudloff

Unkündbarkeit im öffentlichen Dienst nach § 34 TVöD – Achtung beim Jobwechsel!

Das Bundesarbeitsgericht hat entschieden (vgl. Urteil vom 22.02.2018, Az. 6 AZR 137/17), dass bei der Berechnung der für die Kündigungsfrist sowie einen Ausschluss der ordentlichen Kündigung maßgeblichen Beschäftigungszeiten nach § 34 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 S. 1 TVöD vorherige Beschäftigungszeiten bei anderen, ebenfalls vom Geltungsbereich des TVöD erfassten Arbeitgebern nicht berücksichtigt werden. Vorbeschäftigungszeiten bei anderen kommunalen Arbeitgebern zählen also nicht mit. Es zählt nur die bei demselben Arbeitgeber im Arbeitsverhältnis zurückgelegte Zeit, selbst wenn diese unterbrochen ist.
 
Ausgangspunkt dieser Entscheidung war ein Streit der Arbeitsparteien über die Frage, ob der klagenden Arbeitnehmerin nach einem Wechsel zu einer anderen Kommune die Vorbeschäftigungszeiten des vorherigen kommunalen Arbeitgebers zuzurechnen sind und daher ordentliche Unkündbarkeit nach TVöD vorliegt oder nicht.
 
Die im Jahr 1972 geborene Arbeitnehmerin war seit August 1991 zunächst bei einer Stadt tätig, ehe sie dann ab 01.01.1999 zu einer anderen Kommune wechselte. Von dort wechselte sie dann ab 01.01.2015 erneut zu der beklagten Stadt, bei der ebenfalls – wie bei den Arbeitgebern zuvor – der TVöD durch Bezugnahme Anwendung finden sollte. Am 22.05.2015 wurde dann von der Stadt das Arbeitsverhältnis ordentlich auf Ende Juni 2015 gekündigt, wogegen die Arbeitnehmerin dann geklagt hat. Die Arbeitnehmerin verwies in ihrer Kündigungsschutzklage auf § 34 TVöD, wonach unter vollständiger Anrechnung sämtlicher Beschäftigungszeiten seit 1991 sich ein Kündigungsausschluss ergebe. Nach § 34 TVöD sind Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in den alten Bundesländern im Geltungsbereich des TVöD ordentlich unkündbar, wenn das Beschäftigungsverhältnis mindestens 15 Jahre besteht und sie das 40. Lebensjahr erreicht haben.
 
Nachdem schon das zuständige Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht in den vorausgegangenen Instanzen die Kündigung für wirksam erachteten und keinen Kündigungsausschluss annahmen, wurde dies nun in der Revision vor dem Bundesarbeitsgericht mit Urteil vom 22.02.2018 aus den oben genannten Gründen bestätigt.
 
Wenn also Arbeitnehmer einen Jobwechsel zwischen kommunalen Arbeitgebern vollziehen und TVöD Anwendung findet, muss zu ihren Gunsten ggf. im Arbeitsvertrag ausdrücklich die Geltung der Vorbeschäftigungszeiten i.S.d. § 34 TVöD vereinbart werden. Ein kommunaler Arbeitgeber wird hingegen ein Interesse haben, solche Klauseln gerade zu vermeiden. Es empfiehlt sich also rechtlichen Rat einzuholen, wenn es um solche Arbeitsverhältnisse bzw. deren Begründung oder Beendigung geht.
 

Rechtsanwalt Simon von Rudloff

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04.06.2018 | Miet- und Pachtrecht | Sabine M. Laukenmann

Die Lebensgefährtin zieht ein - Rechtfertigt das die Kündigung der Mietwohnung?

Das Landgericht Berlin hatte jüngst über diesen Fall zu entscheiden und die Frage zu beantworten, ob und in welchem Umfang ein Vermieter in das Privatleben seines Mieters und die Nutzung der Mietwohnung eingreifen darf.
 
Ein Mieter hatte ohne vorherige Erlaubnis der Vermieterin seine Lebensgefährtin in die Wohnung aufgenommen. Die Vermieterin sah im Verhalten des Mieters eine unberechtigte Gebrauchsüberlassung der Wohnung an Dritte und kündigte das Mietverhältnis. Der Mieter setzte sich gegen die Kündigung zur Wehr. Die Vermieterin erhob Räumungsklage.
 
Zunächst war die Frage zu klären, ob es sich bei der Lebensgefährtin des Mieters um eine dritte Person handelt, wie es die gesetzliche Vorschrift vorsieht, oder sie auch unter die Ausnahmeregelung fällt, die für Ehegatten und Kinder des Mieters gilt. Bislang hat die Rechtsprechung die Auffassung vertreten, dass die Aufnahme eines Lebensgefährten oder einer Lebensgefährtin nicht zum vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache gehört. Was zur Folge hat, dass eine Aufnahme des Lebenspartners nur dann möglich ist, wenn der Mieter ein berechtigtes Interesse daran hat, einen Teil der Wohnung einem Dritten zum Gebrauch zu überlassen. Das Mietrechtsreformgesetz hat die nichtehelichen Lebensgemeinschaften und auch die gleichgeschlechtlichen Partnerschaften gestärkt. Zwischenzeitlich geht die überwiegende Meinung davon aus, dass auch die Lebensgefährtin / der Lebenspartner zu den Angehörigen des Mieters zählen und damit bei der Abwägung der Interessen von Mieter und Vermieter auch deren Belange in die Entscheidung einzubeziehen sind.
 
Was bleibt, ist die „Pflichtverletzung des Mieters“, der vor Einzug der Lebensgefährtin die Vermieterin nicht um Erlaubnis fragte. Das Gericht bezieht hier nicht eindeutig Position, macht aber deutlich, dass selbst wenn von einer Pflichtverletzung auszugehen wäre, diese nicht erheblich sei und die Kündigung des vorliegenden Mietverhältnisses nicht rechtfertigt. Auch an dieser Stelle erfolgt eine Abwägung der beiderseitigen Interessen von Mieter und Vermieter. Dabei sind immer die Umstände des Einzelfalls maßgeblich. Hier handelte es sich um ein sehr langes Mietverhältnis mit keinerlei Beanstandungen seitens des Mieters.

Der Mieter hatte sich über viele Jahre gegenüber der Vermieterin korrekt verhalten. Die Aufnahme der Lebensgefährtin ohne vorherige Genehmigung durch die Vermieterin stuften die Richter als einen nicht so erheblichen Verstoß ein, der die Kündigung des langjährigen Mietverhältnisses rechtfertigen könnte. Denn durch die unbefugte Gebrauchsüberlassung müssen die Rechte des Vermieters in erheblichem Umfang verletzt werden, was nicht der Fall war. Zudem stand dem Mieter ein berechtigtes Interesse an der Aufnahme seiner Lebensgefährtin zu, die Vermieterin hätte die Gebrauchsüberlassung genehmigen müssen. Die Rechte der Vermieterin waren in wirtschaftlicher und rechtlicher Hinsicht kaum beeinträchtigt. 
 
Aber: Die Abwägung der Interessen von Mieter und Vermieter kann in einem anders gelagerten Fall zu einem völlig anderen Ergebnis führen. Zur Vermeidung eines Rechtsstreits durch zwei Instanzen empfiehlt es sich daher vor Aufnahme eines Lebenspartners den Vermieter im Vorfeld zu informieren und als Mieter darauf hinzuweisen, dass er ein Interesse daran hat, mit dem Lebenspartner in der angemieteten Wohnung gemeinsam zu leben. Das Vetorecht des Vermieters beschränkt sich auf Gründe, die so schwerwiegend sein müssen, dass es für den Vermieter schlicht unzumutbar ist, den Lebenspartner in seinem Eigentum wohnen zu lassen. Ebenso besteht für den Vermieter die Möglichkeit, aufgrund der Nutzung der Wohnung durch zukünftig zwei Personen eine angemessene Mieterhöhung zu verlangen.
 

Rechtsanwältin Sabine M. Laukenmann

Fachanwältin für Familienrecht, Mediatorin
Jehle • Láng • Meier-Rudolph • Köberle, Freiburg
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04.06.2018 | Miet- und Pachtrecht | Stephan Stöcker

Bei Sachschäden ist keine Fristsetzung mehr erforderlich

In der mietrechtlichen Praxis ist häufig zu beobachten, dass Mieter die Mietsache in keinem vertrags- bzw. ordnungsgemäßen Zustand zurückgeben. So auch in dem vom Bundesgerichtshof am 28.02.2018 entschiedenen Fall (Az. VIII ZR 157/17).
 
Der dortige Vermieter stellte Schimmelbefall aufgrund fehlerhaften Heiz- und Lüftungsverhaltens des ausgezogenen Mieters fest und verlangte Schadensersatz für die Beseitigung des Schimmelbefalls, für Lackschäden an Heizkörpern, Kalkschäden an Badezimmerarmaturen sowie schadensbedingten Mietausfall. Eine Frist zur Beseitigung der Schäden bzw. Mängel hat der Vermieter, wie so oft, dem Mieter zuvor nicht gesetzt. Die Mieter verteidigen sich in einem solchen Fall immer mit dem Argument, dass der Vermieter keinen Schadensersatz verlangen könne, da zuvor keine oder keine ausreichend lange Frist zur Beseitigung gesetzt worden sei. Dieser Argumentation hat der Bundesgerichtshof nun einen Riegel vorgeschoben:
 
Es bedarf nach Ansicht des Bundesgerichtshofes hier keiner Fristsetzung, denn der Vermieter macht einen Schadensersatz neben der Leistung geltend (§ 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2 BGB). Für einen solchen Fall sieht das Gesetz keine Fristsetzung vor. Entscheidend sei, ob der Mieter eine vertragliche Nebenpflicht verletzt hat oder eine (Haupt-)Leistungspflicht. Zu einer solchen Nebenpflicht zählt auch die Verpflichtung des Mieters, die Mietsache in einem vertragsgemäßen Zustand zu erhalten. Deshalb war eine Fristsetzung vor der Beseitigung der Schäden durch den Vermieter nicht erforderlich. Der Vermieter konnte den geltend gemachten Schadensersatzanspruch trotz fehlender Fristsetzung erfolgreich durchsetzen.
 
Dies gilt im Übrigen nicht nur bei Vertragsende, sondern auch, wenn der Vermieter im laufenden Vertragsverhältnis Schadensersatzansprüche wegen Beschädigungen geltend macht.
 
Wichtig ist aber, dass dieses Urteil nicht auf die Durchführung von Renovierungsarbeiten am Ende des Mietverhältnisses übertragbar ist. Bei der eventuell bestehenden Renovierungspflicht handelt es sich nämlich um eine (Haupt-)Leistungspflicht (§ 280 Abs. 3, § 281 BGB), bei der auch weiterhin eine Fristsetzung erforderlich ist.
 

Rechtsanwalt Stephan Stöcker

Müller-Hof | Rechtsanwälte, Karlsruhe
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04.06.2018 | Baurecht | Michelle Jakob

Änderung der anerkannten Regeln der Technik – wer trägt das Risiko?

Der Bauunternehmer ist verpflichtet, seine Leistung frei von Sachmängeln zu erbringen (§ 13 Nr. 1 VOB/B 2006 bzw. § 13 Abs. 1 Satz 2 VOB/B 2009). Die Leistung muss nach dem Gesetzeswortlaut den anerkannten Regeln der Technik entsprechen.
 
Zu den maßgeblichen anerkannten Regeln der Technik gehören neben den DIN-Normen einschließlich der VOB Teil C auch die Einheitlichen Technischen Baubestimmungen des Instituts für Bautechnik, die Richtlinien des VDI (Verein Deutscher Ingenieure e.V.), die VDE-Normen des Verbandes Deutscher Elektrotechniker, die Flachdachrichtlinien usw..
 
Bauverträge enthalten in aller Regel eine Klausel, wonach allein die zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses geltenden anerkannten Regeln der Technik zu berücksichtigen sind. Gerade bei umfangreichen oder sich länger hinziehenden Bauvorhaben kommt es vor, dass sie sich während der Bauphase ändern, da sie ständig von den zuständigen Institutionen überarbeitet werden. Die Unternehmer berufen sich in so einem Fall meist auf die Regelungen im Bauvertrag und verweigern eine Ausführung unter Beachtung der neuen Vorgaben.
 
Dieser Argumentation hat der Bundesgerichtshof in einer aktuellen Entscheidung (Urteil vom 14.11.2017 – Az. VII ZR 65/17) eine klare Absage erteilt: Er hat klargestellt, dass der Unternehmer bei einem VOB-Bauvertrag gemäß § 13 Nr. 1 VOB/B 2006 (bzw. § 13 Abs. 1 Satz 2 VOB/B 2009) grundsätzlich die Einhaltung der anerkannten Regeln der Technik zum Zeitpunkt der Abnahme schuldet. Dies gilt auch bei einer Änderung zwischen Vertragsschluss und Abnahme, d.h. in der Bauphase.
 
Somit kann der Auftraggeber zukünftig die Einhaltung der neuen anerkannten Regeln der Technik verlangen. Das kann für den Unternehmer dann finanziell nachteilig sein, wenn er die Leistung lediglich funktional beschrieben hat. Dann trägt er das finanzielle Risiko einer Änderung zwischen Vertragsschluss und Abnahme. Den Unternehmern ist daher zu empfehlen, bereits bei der Vertragsgestaltung Vorsicht walten zu lassen und Vergütungsvereinbarungen für einen möglicherweise zusätzlich anfallenden Herstellungsaufwand zu treffen. Dies gilt zumindest für den Vertrag nach BGB. Beim VOB-Vertrag schaffen die Regelungen in § 1 Abs. 3 und 4, § 2 Abs. 5 und 6 VOB/B einen Ausgleich.
 

Rechtsanwältin Michelle Jakob

Fachanwältin für Miet- und Wohnungseigentumsrecht
sowie Bau- und Architektenrecht

Müller-Hof | Rechtsanwälte, Karlsruhe
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04.06.2018 | Arbeitsrecht | Martin Hertzberg

Ausgestaltung und Verlängerung der Probezeit

Häufig werden die Möglichkeiten der Probezeit zu Beginn des Arbeitsverhältnisses von Arbeitgebern nicht optimal genutzt.
 
Im unbefristeten Arbeitsverhältnis ist die Kündigung grundsätzlich in den ersten sechs Monaten ohne Weiteres möglich. Sie darf nur nicht rechtsmissbräuchlich sein. Auch der besondere Kündigungsschutz von Schwerbehinderten tritt erst nach sechs Monaten ein. Bei Schwangerschaft oder Betriebsratskandidatur ist die Probezeitkündigung allerdings nur stark eingeschränkt zulässig. Gesetzlich ist vorgesehen, dass im Falle der Vereinbarung einer Probezeit eine Kündigungsfrist von zwei Wochen gilt. In Tarifverträgen sind teilweise noch deutlich kürzere Fristen geregelt. Keineswegs ratsam ist, auf die Vereinbarung einer Probezeit ganz zu verzichten oder stattdessen eine Kündigungsfrist von zwei Wochen zum Monatsende oder gar vier Wochen zum Monatsende zu vereinbaren. Vielmehr ist die Beschränkung auf das gesetzliche Mindestmaß empfehlenswert. Wird im Arbeitsvertrag eine Probezeit von nur drei Monaten vereinbart, gelten schon vom vierten bis sechsten Monat die längeren regulären Kündigungsfristen. Auch dies ist Arbeitgebern nicht zu empfehlen.
 
Eine Kündigung ohne Kündigungsschutz liegt übrigens auch dann vor, wenn sie zwar vor Ablauf von sechs Monaten zugeht, der Ablauf der Kündigungsfrist dann aber erst im siebten Monat liegt. Die sechsmonatige Probezeit kann somit für die Entscheidung über eine Kündigung voll ausgeschöpft werden.
 
Es ist auch rechtlich möglich, das Arbeitsverhältnis zunächst aus dem sachlichen Grund der Erprobung zu befristen und nur bei bestandener Erprobung darüber hinaus zu verlängern. Eine solche Befristungsvereinbarung darf aber gemäß der Rechtsprechung im Regelfall sechs Monate nicht übersteigen. Da innerhalb der ersten sechs Monate ohnehin die Kündigung nicht sozial gerechtfertigt sein muss, besteht ein Nutzen einer solchen sechsmonatigen Erprobungsbefristung allenfalls im Falle einer Schwangerschaft oder Kandidatur als Betriebsrat. Ein Nachteil einer solchen Befristung ist, dass ein lediglich auf sechs Monate befristetes Arbeitsverhältnis in Zeiten von Fachkräftemangel hinderlich bei der Bewerbersuche ist.
 
Eine weitere Möglichkeit der längeren Erprobung ist natürlich auch, das Arbeitsverhältnis z. B. auf ein Jahr zu befristen, was aber von vornherein vereinbart werden muss und nicht nachträglich erfolgen kann. Sofern vorher noch kein Arbeitsverhältnis zwischen den Vertragsparteien bestanden hat, ist das auch ohne sachlichen Grund möglich, wobei die Regierungskoalition dies in absehbarer Zeit etwas einschränken will.
 
Nicht selten kann der Arbeitgeber auch nach sechs Monaten noch nicht abschließend beurteilen, ob die Arbeitsleistung dauerhaft zufriedenstellend sein wird oder nicht. Sofern das Arbeitsverhältnis unbefristet ist, stellt sich somit die Frage der Verlängerung einer Probezeit. Da der gesetzliche Kündigungsschutz zwingend nach sechs Monaten eintritt, lässt sich dies nicht hinausschieben. Nach der Rechtsprechung ist aber möglich, vor Ablauf der sechs Monate eine Kündigung auszusprechen und durch eine angemessen verlängerte Kündigungsfrist eine Bewährungschance für z.B. noch weitere drei bis vier Monate zu gewähren. Dies kann auch durch Aufhebungsvertrag erfolgen. Wichtig ist dabei allerdings die Klarstellung, dass der Arbeitgeber aktuell die Probezeit als nicht bestanden ansieht, aber bei positiver Entwicklung innerhalb der verlängerten Kündigungsfrist eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses in Aussicht stellt. Einer verbindlichen Wiedereinstellungszusage bedarf es nicht. Auf diese Weise kann ein Arbeitnehmer, der bisher noch nicht überzeugt hat, noch eine gewisse Zeit „erprobt“ werden. Allerdings zeigt die Erfahrung, dass sich ein kritischer Gesamteindruck am Ende der sechs Monate auch während der verlängerten Kündigungsfrist meist nicht grundlegend verbessert.
 

Rechtsanwalt Martin Hertzberg

Fachanwalt für Arbeitsrecht
Müller-Hof | Rechtsanwälte, Karlsruhe
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04.06.2018 | Steuerrecht | Dr. Thomas Fr. Jehle

Keine Erbschaftsteuerbefreiung für den Erwerb eines Anspruchs auf Eigentumsverschaffung an einem Familienheim

Die Hürden für die Steuerbefreiung des Erwerbs eines Familienheims von Todes wegen sind hoch. Nach § 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b ErbStG muss der Erblasser in dem Familienheim bis zum Erbfall eine Wohnung zu eigenen Wohnzwecken genutzt haben oder aus zwingenden Gründen an einer Selbstnutzung gehindert gewesen sein, und der Erwerber muss die Wohnung wiederum unverzüglich zur Selbstnutzung bestimmen. Nutzt er das Familienheim innerhalb von zehn Jahren nach dem Erwerb nicht mehr zu eigenen Wohnzwecken, fällt die Steuerbefreiung weg, wenn nicht auch er aus zwingenden Gründen an der Selbstnutzung gehindert war.


Der Bundesfinanzhof hat bereits in verschiedenen Entscheidungen verfassungsrechtliche Bedenken an der Vorschrift geäußert, bislang aber immer einen Weg gefunden, die Vorschrift verfassungskonform eng auszulegen. Gegenstand eines Urteils vom 29.11.2017 (II R 14/16) war der Erwerb einer noch zu errichtenden Eigentumswohnung durch die Ehefrau, für die zunächst nur eine Auflassungsvormerkung im Grundbuch eingetragen wurde. Nachdem sie mit ihrer Familie in die Wohnung eingezogen war, verfügte sie testamentarisch, der Ehemann solle bei ihrem Ableben die Eigentumswohnung allein erhalten. Als die Ehefrau kurz darauf verstarb, war sie noch nicht als Eigentümerin der Wohnung im Grundbuch eingetragen. Das Finanzamt versagte die beantragte Steuerbefreiung, weil der Ehemann nicht das Eigentum an einem Familienheim, sondern lediglich den Anspruch auf Übereignung erworben habe. Dieser sei nicht als Erwerb eines Familienheims steuerbefreit. Die hiergegen gerichtete Klage des Ehemanns hatte beim Finanzgericht und auch beim BFH keinen Erfolg.


Nach Auffassung des BFH setzt die Vorschrift nach ihrem Wortlaut ausdrücklich den Erwerb von Eigentum oder Miteigentum im zivilrechtlichen Sinne voraus. Deshalb muss der Erblasser zivilrechtlicher Eigentümer oder Miteigentümer gewesen sein. Auch der Zweck der Vorschrift erfordere eine klare Abgrenzung von anderen Erwerbern. Für eine erweiternde Auslegung fehle eine Regelungslücke. Absicht des Gesetzgebers sei es, die Gewährung der Steuerbefreiung auf eine gesicherte Rechtsposition zu begrenzen. Dieser steht ein durch Auflassungsvormerkung gesicherter Eigentumsverschaffungsanspruch nicht gleich, weil er zwar in Teilen wie das volle Eigentumsrecht behandelt wird, aber ihr nur wesensähnlich und nicht Eigentum im zivilrechtlichen Sinne ist. Dass die Vorschrift auch den Erwerb von Familienheimen in einem Mitgliedstaat der EU oder des EWR begünstigt und die dort geltenden Vorschriften geringere Anforderungen an den Erwerb des Eigentums eines Grundstücks oder einer Eigentumswohnung vorsehen, rechtfertigte keine andere erweiternde Auslegung. Denn die deutsche Erbschaftsteuer knüpft grundsätzlich an das inländische Zivilrecht an.

 

Rechtsanwalt Dr. Thomas Jehle

Fachanwalt für Steuerrecht
Jehle • Láng • Meier-Rudolph • Köberle, Freiburg
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04.06.2018 | Gesellschaftsrecht | Ingra Eva Herrmann

Auch der unzuständige Geschäftsführer haftet

In vielen Unternehmen sind  Zuständigkeitsverteilungen für die Geschäftsführung üblich, die den unternehmerischen Alltag deutlich erleichtern. Derartige Geschäftsverteilungen und Ressortzuständigkeiten ändern nichts an der prinzipiellen Gesamtverantwortung aller Geschäftsführer gegenüber dem Unternehmen. Sie regeln vor allem die konkreten Pflichten des jeweils nicht zuständigen Geschäftsführers: Seine Verpflichtung betrifft dann nicht mehr die Vornahme von Geschäftsführungsmaßnahmen, sondern die Überwachung. Im Rahmen einer solchen Mitverantwortung hat jeder Geschäftsführer alle zumutbaren Anstrengungen zu unternehmen, damit sich die Gesellschaft recht- und zweckmäßig verhält.
 
Auch im Hinblick auf die Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 11.01.2018 (Az. I 15 U 66/17) ist es jedem Geschäftsführer dringend zu empfehlen, auch „über den Tellerrand“ seines Zuständigkeitsbereichs hinaus zu blicken und sich insbesondere bei Kenntnis von Patentverletzungen als zuständig zu betrachten.
 
In dem Patentverletzungsverfahren vor dem OLG Düsseldorf stritten Procter & Gamble und die Wilkinsons Sword GmbH um den Vertrieb von Rasierklingen, die auf den Nassrasierer „Gilette Mach 3“ passen. Zuvor hatte Procter & Gamble eine Abmahnung an die Geschäftsführung der Wilkinsons Sword GmbH geschickt. Das OLG Düsseldorf entschied, dass alle Geschäftsführer der Wilkinsons Sword GmbH für die Patentverletzung auch persönlich haften:
 
Die Geschäftsführer, die gemäß der internen Zuständigkeitsverteilung für Herstellung und Vertrieb verantwortlich sind, hätten eine Garantenstellung inne und haften, wenn sie es unterlassen, das Unternehmen so auszurichten, dass keine Schutzrechte Dritter verletzt werden. Darüber hinaus haften aber auch die Geschäftsführer, die nach der internen Zuständigkeitsverteilung nicht mit der Herstellung und dem Vertrieb der streitgegenständlichen Klingen betraut waren. Denn wenn ein Geschäftsführer von einer Patentverletzung erfahre („positive Kenntnis“), so habe er etwas dagegen zu unternehmen, auch wenn nicht sein Zuständigkeitsbereich betroffen sei. Eine solche „positive Kenntnis“ könne ein Geschäftsführer etwa dadurch erlangen, dass eine an die gesamte Geschäftsführung adressierte Abmahnung beim Unternehmen eingeht.
 
Dies hatte im Urteil des OLG Düsseldorf zur Folge, dass für den Fall einer Zuwiderhandlung gegen das gerichtliche Verbot, die Rasierklingen weiterhin zu vertreiben, nicht nur dem Unternehmen, sondern auch allen Geschäftsführern persönlich (unabhängig vom Zuständigkeitsbereich) ein Ordnungsgeld von bis zu EUR 250.000,00 bzw. Ordnungshaft angedroht wurde.
 
Auch wenn oberste Gerichte im Hinblick auf Markenverletzungen oder UWG-Verstöße bereits anders entschieden haben, sollten Geschäftsführer sich sicherheitshalber bei Eingang von Abmahnungen nicht mit dem Argument zurücklehnen, dass die betreffende Verletzung nicht in ihren Zuständigkeitsbereich falle. Im Fall der Rasierklingen hatten sich die Geschäftsführer mit der Meinung, nicht zuständig zu sein, erheblich „geschnitten“.
 

Rechtsanwältin Ingra Eva Herrmann

Fachanwältin für Handels- und Gesellschaftsrecht
Wirtschaftsmediatorin

Müller-Hof | Rechtsanwälte, Karlsruhe
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